Initiator der jüdischen Spurensuche in Bad Saarow war der früh an einem Tumor verstorbene Kunstlehrer Christian Pietà. In dem alten und neuen Kurort Berlins wurden bisher 24 Stolpersteine von dem Kölner Künstler Gunter Demnig verlegt.
Vor Christian Pietàs Tod haben wir uns öfter getroffen und er versuchte, mich für seine jüdische Spurensuche zu gewinnen. Mit anderen Projekten beschäftigt, fand ich keine Zeit, was ich heute bedauere. Vor allem meine Gastvorlesungen in Zentralasien, aber auch andere Buchprojekte, ließen wenig Spielraum.
Es entstand lediglich ein gemeinsames Buch, zu dem die Deportation einer nahen Verwandten von Pietà in ein sowjetisches Lager nahe Karaganda im Jahr 1945 den Anstoß gab.[1]
Heute leitet Karin Lüdke, Psychologin meines Vertrauens, die Initiative Jüdische Spuren im Rahmen des Fördervereins Kurort Bad Saarow. Sie fragte bei einer Podiumsdiskussion im Scharwenka Forum zu ihrem Engagement für die verfolgten und ermordeten Juden von Bad Saarow am 10. November 2023, ob sich noch jemand als Pate für das Putzen von Stolpersteinen interessiere.
Obwohl ich vieles andere bevorzuge, meldete ich mich als Putzpate für Gustav Hochstetter und seine Tochter Elisabeth. Meine Enkelin Cara Böger gewann ich als Hilfe. Noch im November lösten wir das Versprechen ein und hockten auf den Knien vor dem ehemaligen Hochstetterhof im Ortsteil Pieskow von Bad Saarow.
Ich war ziemlich erstaunt, wie schwer sich die grüne Patina von den Messingsteinen für Gustav Hochstetter und seine in Minsk verschollene Tochter lösen ließ.
Bild: Stolperstein Gustav Hochstetter, Foto: WDH
Beim Schrubben wollte meine Enkelin wissen, wer Hochstetter gewesen sei. Ich geriet ins Stottern und zitierte sinngemäß aus dem Flyer des Fördervereins Kurort Bad Saarow, an dessen Textentwürfen Christian Pietá noch mitwirkte.[2] Das klang etwa so:
„Hochstetter war Schriftsteller und trat im Rundfunk mit eigenen lustigen Geschichten und Gedichten auf. Er sammelte Schallplatten und stellte sie einem großen Hörerkreis im damals noch jungen Radio vor. Er hatte auch eine Büchergesellschaft zum Verkauf von Büchern und war Redakteur humoristischer Zeitschriften.
Als Jude wurde er 1942 von den Nazis erst in die Nähe von Fürstenwalde nach Radinkendorf und dann nach Theresienstadt ins Ghetto verschlepp. Dort kam er ein Jahr nach seinem 70. Geburtstag 1944 um.“
Die darauffolgenden Fragen überforderten mich. Ich begann im Internet und in Saarow über Hochstetter zu forschen. Als erstes Ergebnis liegt seine Autobiographie vor.
Wolf D. Hartmann Bad Saarow, im Mai 2024
[1] Wolf D. Hartmann, Christian Pietá, Lutz Storr, Von Bad Saarow nach Karaganda, Neuenhagen bei Berlin 2012.
[2] Förderverein Kurort Bad Saarow, 3. veränderte Auflage 2013- Gruppe Jüdische Spuren in Bad Saarow.